Mit dem Ziel besonders vielfältige Ansätze für mehrwegfördernde Maßnahmen in Gastronomien am Point-of-Sale zu sammeln, startete die Umsetzungsallianz einen breiten Aufruf für einen Ideenwettbewerb auf Social Media, woraufhin uns über 50 Ideen aus der Mehrweg-Community erreichten.
Deutschlands größtes Nudging-Experiment für Mehrweg to-Go
Wir sind überzeugt: Menschen greifen zu Mehrweg, wenn sie im Moment der Entscheidung sensibilisiert und aktiviert werden. Deshalb testen wir gemeinsam mit Unternehmen aus Gastronomie und Einzelhandel, ob die Mehrweg-Quote steigt, wenn Konsument:innen durch kleine Verhaltensimpulse (“Nudges”) am Point-of-Sale dazu angeregt werden, Mehrweg zu wählen.
Von September bis November 2023 haben wir mit engagierten Gastronomie-Ketten und den Systemanbietern Vytal und Recup ein Experiment gestartet und deutschlandweit in über 800 Filialen kleine Verhaltensimpulse für #MehrMehrweg installiert. Die Erkenntnisse aus dem Experiment haben wir in unserem Playbook "Mehrweg am Point-Of-Sale" veröffentlicht.
Sieben Nudges für Mehrweg-to-Go
Über 80 Expert:innen im Mehrwegbereich haben am Entwicklungsprozess des Portfolios mitgewirkt. Mehr als 100 Nudges sind entstanden. Auf dieser Basis haben wir gemeinsam mit Verhaltensforscher:innen Ansätze gesichtet, gefiltert und bewertet. Wir haben sieben Nudges ausgewählt, die aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung - aber auch das Feedback von Gastronomien und Systemanbieter:innen widerspiegeln, die in den Prozess involviert waren. Das Portfolio deckt ein breites Spektrum an To-Go-Kontexten ab. Egal ob Fast-Food-Kette, Lebensmitteleinzelhandel, Café, Food-Truck, Kino oder Kaufhaus-Kantine - für jeden Point-of-Sale findet sich der richtige Nudge.
Mehr zum Entstehungsprozess und den sieben Nudges findest du hier weiter unten auf der Seite.
Für jeden Point-of-Sale findet sich der richtige Nudge.
Wir sind überzeugt: Egal ob Fast-Food-Kette, Lebensmitteleinzelhandel, Café, Food-Truck, Kino oder Kaufhaus-Kantine - Für jeden Point-of-Sale findet sich der richtige Nudge. Konzeptionelle Grundlage des Portfolios ist das sogenannte EAST-Framework, das relevante Verhaltensimpulse einfach herunterbricht. Das Modell definiert verschiedene Stimulatoren für Verhaltensänderung (EAST = easy, attractive, social, timely). Du möchtest wissen, welche Nudges für Dein Gastronomie-Unternehmen passt? Melde Dich bei uns!
Make it easy
Konsument:innen gehen meist den Weg des geringsten Widerstandes. Je einfacher die Entscheidung für Mehrweg, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie zu Mehrweg greifen. Wenn Unternehmen Mehrweg als Standard-Verpackung herausgeben oder einzelne Produkte ausschließlich in Mehrweg anbieten, wird Kund:innen die Entscheidung für Mehrweg abgenommen. Sie müssen sich aktiv gegen Mehrweg entscheiden (opt out) - eine Entscheidung, die in dem Fall als aufwendiger wahrgenommen wird.
Make it attractive
Konsument:innen treffen jeden Tag eine Vielzahl an Entscheidungen. Attraktiver werden Optionen, wenn von ihnen positive Signale ausgehen. Dazu gehören Vergünstigungen oder Belohnungen. Ein Nudge könnte es sein, die Wartezeiten bei der Wahl von Mehrweg zu verkürzen. Auch Nudges, die Einweg weniger attraktiv machen, können einen Einfluss auf die Entscheidungen von Konsument:innen haben.
Make it social
Menschen orientieren sich bei Entscheidungen oft an ihrem sozialen Umfeld: “Wie machen es die Anderen?”. Leider ist die Nutzung und das Angebot von Mehrweg-to-Go noch nicht die Norm. Unternehmen könnten hier beispielhaft vorangehen und signalisieren, dass Mehrweg-Routinen im Laden die Norm sind. So werden Kund:innen dazu motiviert, eher zu Mehrweg zu greifen.
Make it timely
Viele Faktoren beeinflussen unsere Entscheidungen. Besonders die Faktoren, die im Moment der Entscheidung auftreten. Für unser Experiment bedeutet das, dass Verhaltensimpulse direkt am Point of Sale getestet werden. Also dann, wenn Verbraucher:innen vor der Entscheidung für Einweg oder Mehrweg stehen.
Warum wir öfter anders handeln, als wir sagen - und was das mit der aktuellen Mehrwegquote zu tun hat.
Mehrweg wird kaum nachgefragt. Selbst wenn Gastronomien ihr Mehrweg-Angebot vorbildlich bewerben und kundeneigene Gefäße ohne Diskussion befüllen, entscheiden sich Konsument:innen öfter für die Einweg-Option. Gleichzeitig zeigen aktuelle Studien, dass die Mehrheit der Verbraucher:innen bereit sind, Mehrweg-Verpackungen zu nutzen.
In der Verhaltensforschung ist dieser Widerspruch bekannt. Das dahinter liegende Phänomen wird als “Intention-Behaviour-Gap” beschrieben - der Lücke zwischen eigenem Selbstbild und Vorsätzen auf der einen und der gelebten Realität von Menschen auf der anderen Seite.
Unser Collective-Action-Projekt “Mehrweg: Erste Wahl” setzt genau hier an. Gemeinsam möchten wir Konsument:innen im Moment der Kaufentscheidung so aktivieren, dass sie zu Mehrweg greifen. Wie genau? Mit Mehrweg-Nudges. Also kleinen Verhaltensimpulsen am Point of Sale, die Konsument:innen daran erinnern, dass Mehrweg die bessere und nachhaltigere Wahl ist.
So haben wir die sieben Nudges ausgewählt
Was sind Nudges eigentlich?
Nudges sind subtile, aber gezielte Anstöße, die Menschen dazu ermutigen, bestimmte Entscheidungen zu treffen, ohne dass sie sich dessen bewusst sind. Unternehmen setzen auf Nudges, um den Verkauf bestimmter Produkte zu fördern oder um Kund:innen dazu zu bringen, gesündere Entscheidungen zu treffen.
Ein Beispiel für sogenanntes Nudging ist die Platzierung von gesunden Lebensmitteln an der Kasse im Supermarkt, um den Kaufimpuls zu erhöhen. In der Gastronomie können Nudges dazu beitragen, dass Gäste eine gesündere Wahl treffen, indem sie zum Beispiel die Größe der Teller reduzieren oder Wasser statt zuckerhaltiger Getränke als Standardoption anbieten. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und damit ein Nudge erfolgreich ist, kommt es auch auf den Kontext an — nicht jeder Nudge lässt sich 1:1 auf andere Situationen übertragen.
Deshalb: Ausprobieren geht über studieren — nur durch ausgiebiges Testen lässt sich wirklich herausfinden, ob ein Nudge Wirkung zeigt. Wir haben das mit sieben Nudges gemacht!
Zeitgleich wurde ein Kreativworkshop mit über 30 Spezialist:innen aus den Bereichen Mehrweg organisiert, in dem 50 weitere vielversprechende Ideen entwickelt wurden.
Alle Ideen aus dem Ideenwettbewerb und Workshop wurden anschließend von einem Gremium aus Verhaltensforscher:innen und Mehrwegexpert:innen aus Wissenschaft, Gastronomie und Wirtschaft kategorisiert, beurteilt und die vielversprechendsten Ansätze identifiziert. Die Beurteilung basierte auf Erkenntnisse aus einer vor kurzem veröffentlichten Meta-Analyse zur Effektivität von Interventionen im Nachhaltigkeitsbereich und demnach wurden Ansätze, welche bei sozialen Normen, finanziellen Anreizen, Appellen und Selbstverpflichtungen von Konsument:innen oder Mitarbeiter:innen ansetzen, als besonders erfolgversprechend wahrgenommen.
Die erfolgsversprechendsten Ansätze wurden anschließend entlang der Prinzipien des EAST-Frameworks, welches zwar nicht alle Erkenntnisse der Verhaltenswissenschaft beinhaltet, aber einen leichten Zugang zu effektiven Entscheidungen ermöglicht, weiterentwickelt und an unterschiedliche Gastronomiekontexte angepasst.
Am Ende dieses Prozesses stehen sieben sehr unterschiedliche Mehrweg-Nudges mitsamt gebräuchlicher Variationen. Im Playbook erfährst du mehr über die Nudges und welche der in unserem Experiment getesten Anreize die Mehrwegnutzung am stärksten beeinflussen konnten!
Mit unseren Kooperationspartner:innen – Mehrweganbieter und Systemgastronomien – konnten wir fünf der sieben Nudges im echten Alltag testen. Und sind auf spannende Erkenntnisse gestoßen: Jetzt bist du dran!
Welcher Nudge darf’s sein?
Der Nudging-Katalog stellt sieben Mehrweg-Nudges vor, vom Mehrweg als Standard bis zu einer Mehrweg- Challenge für Mitarbeitende. Diese Liste ist nicht abschließend, weitere vielversprechende Maßnahmen warten nur darauf, von dir entdeckt zu werden. Wie sie genau funktionieren und in der (System-)Gastronomie umgesetzt werden können, erfährst du in unserem Playbook!
Durch einen „Default” wird Mehrweg zur Standardoption. So wird Kund:innen die Entscheidung für Mehrweg abgenommen. Einweg bleibt eine Wahlmöglichkeit, die jedoch aktiv eingefordert werden muss. Da Menschen gerne den Weg des geringsten Widerstandes wählen, erhöht sich die Chance zur Wahl von Mehrweg.
Durch direkte Belohnungen können Kund:innen gewünschtes Verhalten lernen. Es wird ein Mehrweg-Angebot eingeführt, das Mehrweg-Nutzer:innen mit exklusiven Produkten oder Preisnachlass belohnt.
Unerwünschtes Verhalten zu bestrafen funktioniert ähnlich gut, wie gewünschtes Verhalten zu belohnen. Aufgrund von Verlust-Aversion ist es verhaltenspsychologisch effektiver, Einweg zu verteuern, als Mehrweg zu vergünstigen, um Nachfrage und Nutzungsraten zu steigern.
Besonders in Momenten, in denen Menschen unsicher sind, orientieren sie sich an ihren Mitmenschen. Wenn wir Kund:innen am Point of Sale suggerieren, dass Mehrweg der sozialen Norm entspricht, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch Mehrweg wählen, bzw. beim nächsten Mal ein eigenes Gefäß mitbringen.
Die Einstellung des Bestellpersonals spielt eine entscheidende Rolle zur Förderung von Mehrweg: Sie sind der direkte Draht zu den Kund:innnen. Mangelnde Informationen, fehlende Sensibilisierung und Sichtbarkeit von Mehrweg können dazu führen, dass Mehrweg in stressigen Situationen hinten runterfällt. Durch eine „Challenge“ werden einzelne Mitarbeitende, Teams und ganze Stores motiviert, Mehrweg stärker zu bewerben.
Kund:innen sind sich oft unsicher, ob sie sich zur Rückgabe der Mehrweg-Behältnisse in die Bestellschlange stellen müssen. Sie entscheiden sich gegen Mehrweg, um eine zusätzliche Wartezeit zu vermeiden. Wird sichtbar gemacht, dass bei der Rückgabe gedrängelt werden darf, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie Mehrweg wählen.
Durch direkte Belohnungen können Kund:innen gewünschtes Verhalten lernen. Eine Fastlane („Überholspur“) für Mehrweg macht die Wahl für Mehrweg im Hier und Jetzt attraktiv: Denn Mehrweg-Nutzer:innen verkürzen ihre Wartezeit.
Du fragst dich, wie sich diese Nudges in der Praxis schlagen?
Dann schau in unser Playbook und erfahre, wie du mit deiner Gastronomie Mehrweg zum neuen Standard machen kannst!
Das ist erst der Anfang!
Auch in 2024 wollen wir gemeinsam mit dir weiter am Thema Mehrweg arbeiten. Hier sind zwei Wege, aktiv zu werden:
Gastro-Lernlabor
Die Umsetzungsallianz bietet in 2024 ein Lernlabor zum Thema Mehrweg für interessierte Individualgastronom:innen und Nachhaltigkeitsmanager:innen von Systemgastronomen an.
Das kostenlose Format findet alle zwei Monate digital statt und dient der unternehmensübergreifenden Vernetzung und Austausch, kreiert Räume fürs kollektive Lernen und deckt mit kuratierten Impulsvorträgen Elemente einer hohen und langfristig nachhaltigen Mehrweg-Nutzungsrate in Gastronomien ab.
Nudging-Experiment
Das Nudging-Experiment geht in die nächste Runde: pragmatisch, ambitioniert und wissenschaftlich begleitet. Dabei nehmen wir die Nudges „Mehrweg als Standard" und „Preis auf Einweg", wirkungsvolle Kombinationen verschiedener Nudges und andere Erfolgselemente in den Fokus.
Du bist interessiert daran, Mehrweg-Nudes auch im eigenen Unternehmen umzusetzen? Wir suchen nach ambitionierten Partner:innen, welche die bisherigen Erkenntnisse mit uns gemeinsam weiter vertiefen möchten!
"Mit Mehrweg: Erste Wahl hat die Umsetzungsallianz ein außergewöhnliches und lebensechtes Experiment geplant: Dabei handeln Gastrounternehmen aller Art kollektiv und schaffen eine breite Datenbasis, die es uns ermöglichen soll Gesellschaftsveränderndes zu lernen. Ich bin sehr gespannt."
"Wir sehen Haferkater in der Verantwortung, Mehrweg aktiv zu fördern und den Anreiz für die Gäste konstant hoch zu halten. Nur wenn Politik, Betreiber:innen und Endkonsument:innen zusammenarbeiten, haben wir eine Chance, Mehrweg aus der Nische zu holen."
"Wir möchten Gastronom:innen deutschlandweit mobilisieren, mit dem Nudging-Experiment die Extra-Meile in Richtung Mehrweg-Wende zu gehen. So erlangen wir erste Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Verhaltensinterventionen im Bereich Mehrweg-to-Go und können Erfolge über das Netzwerk der Allianz rasch skalieren."
Du möchtest Nudges in deinem Betrieb testen oder Teil des Mehrweg-Lernlabors für Gastronomien werden?
Dann vereinbare unkompliziert und unverbindlich einen Termin mit Lukas, um alle Möglichkeiten im persönlichen Austausch durchzusprechen.
Wir freuen uns auf deine Nachricht!
Unser Beirat
Die Nudging-Portfolio basiert auf Erkenntnissen der Verhaltensforschung. Mit Unterstützung unseres wissenschaftlichen Beirats konnten wir besonders vielversprechende Interventionen herauskristallisieren und ein unternehmensübergreifendes Forschungsdesign entwickeln, welches Aussagen über die Wirkung der Nudges auf die Mehrweg-Quote zulässt.
Dr. Laura Sommer
Umweltpsychologin (Selbstständig)
Rosa Strube
Abteilungsleiterin Nachhaltige Lebensstile, CSCP
Dr. Max Vetter
Diplom-Psychologe (Selbstständig)